Punk-Kommunikation

alain rollier @moonen communications

Unser neuester Interviewpartner ist ein Schweizer «Business Punk». Sie denken, in der als sehr korrekt geltenden Schweizer Geschäftswelt kann es keine Punks geben? Lassen Sie sich vom Gegenteil überzeugen.

«P U N K ?»

Alain Rolier ist Gründer und CEO bei business punks. Wir kannten Alain Rollier schon von einer früheren Zusammenarbeit und wunderten uns, wie er zum «Punk» hatte werden können.

Um es gleich vorweg zu nehmen: der Schweizer Business Punk erscheint nicht mit grün gefärbten Haaren, weder gepierct noch tätowiert, sondern mit weissem Hemd und dunklem Gilet, allerdings ohne Jacke und Krawatte. Das ist nicht sehr punkig heutzutage. Auch nicht in Rolliers Verständnis. Er ist kein äusserlicher Punk.

Sein Punk-Sein liegt in seinem Kommunikationsstil: Brutale Offenheit, klare Ansagen ohne Konjunktiv. Das könnte nach brutaler Überheblichkeit klingen, ist es aber nicht. Rollier ist eher ein Chirurg, der weiss, wo Schnitte unvermeidlich sind¸ Schönfärberei nimmt den Patienten nicht ernst und kann sein Leiden durch einen unerwarteten Schock eher vertiefen.

Auffallend ist Rolliers ansteckende Energie, seine Klarheit in der Formulierung und seine Konzentration auf unser Gespräch.

Der Funken springt von Beginn an über. Es ist seine offene Direktheit, die ihn zum aussergewöhnlichen Schweizer Business Punk macht, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Einer seiner Leitsätze lautet: «Wenn Du willst, dass dein Traum wahr wird, dann werde wach.»

«Totes Investment wiederbeleben und flüssigmachen»

Wenn Investoren oder Minderheitsaktionäre im KMU-Umfeld mit der Performance ihrer Investitionen nicht zufrieden sind, ihre liquiden Vermögenswerte flüssigmachen wollen oder müssen, ihr Investment sich aber bei niedriger Bewertung nicht vom Fleck bewegt, interne Konflikte das Unternehmen lähmen, dann wenden sie sich an Rollier und seine «Business Punks Gefährten».

Rollier übernimmt im dann anstehenden Veränderungsprozess eine aktive Rolle als Mitglied des Aufsichts-/Verwaltungsrats oder Beirats. So legitimiert erarbeitet er mit dem Management einen Entwicklungsplan, der sich an den Zielen seiner Auftraggeber unter den Anteilseignern orientiert, und stellt sicher, dass er umgesetzt wird.

A L A I N R O L L I E R

Partner bei business punks AG

Think big, start smart, act now

Seinen beruflichen Werdegang kennzeichnet eine grosse Bandbreite: Vom Konzern, Sulzer, bis zum Start-Up; vom “Angestellten” zum erfolgreichen Gründer und Unternehmer; vom internen Mitarbeiter zum externen Management Coach.

Zu seinen Kunden gehören Unternehmen wie beispielsweise Lekkerland, Zeelandia, ALGRA Group, HAKOS, Häring, Sülzle-Gruppe, FAST Search.

«Die neue Kommunikation: «everything but bullshit»

Rollier kommuniziert klar und direkt: «Wenn du ein totes Pferd reitest, dann steige ab». Viele denken seiner Meinung nach, dass man nur eine «stärkere Peitsche» benötigt, damit das Pferd wieder galoppiert, um in dieser Begriffswelt zu bleiben. Davon ist er nicht überzeugt. Wenn aber die Möglichkeit besteht ein Unternehmen erfolgreich zu machen und das Investment lohnend, führt er den Feldzug der Veränderung an.

«Wenn alle Stakeholder übereingekommen sind, eine Transformation einzuleiten und durchzuziehen, zum Beispiel um den Cashflow zu steigern, übernehmen wir Business Punks eine aktive Rolle im Veränderungsprozess. Von Beginn beobachten wir genau und hören aktiv zu. Wir müssen verstehen, warum das Unternehmen in dem Zustand ist, den die Aktionäre unbefriedigend oder gar inakzeptabel finden.

Die Veränderung beginnt auf höchster Ebene mit dem Satz: «Comfort zones are places where regular people do average things,» erläutert Rollier. («Komfortzonen sind Orte, an denen normale Menschen mittelmässige Dinge tun.»)

Wenn wir involviert werden, brauchen Unternehmen neue Prozesse und aussergewöhnliche Leistungen. Schönreden des Status Quo ist kontraproduktiv.

«Das bedeutet, dass wir von Beginn an alle Beteiligten darum bitten, auf das «Schönreden auf einer bestimmten Flughöhe, wo immer die Sonne scheint», zu verzichten. Wenn wir in Review-Meetings mit der Geschäftsleitung nach 3 bis 5 Präsentationsfolien immer noch alle «ja» sagen, sind wir auf der falschen Flughöhe und stellen nicht die richtigen Fragen. Die Einführung eines neuen Kommunikationsstils beginnt.»

«Die Diagnose – “Leadership is not what you preach, it’s what you tolerate”»

»Leadership ist nicht was du predigest, sondern was Du tolerierst»

«Aus unserer Sicht ist jedes System, jedes Unternehmen, einzigartig. Es lässt ein bestimmtes Verhalten zu, duldet es oder fördert es gar. Aus diesem Grund schaue ich mir am Beginn eines Veränderungsprozesses das Verhalten der Beteiligten an. So sehe ich, welches Verhalten kultiviert wurde, das zu einem bestimmten – nicht zufrieden stellenden – Ergebnis geführt hat», sagt Rollier.

«Ich lege mein Augenmerk zunächst auf das Verhalten der Führungskräfte in unseren Meetings und Workshops: Pünktlichkeit, Vorbereitung und Aufmerksamkeit, die sie dem Thema widmen. Manchmal lesen Führungskräfte während unserer Besprechungen E-Mails oder zeigen schlecht vorbereitete, fehlerhafte Präsentationen. Das ist für alle sichtbar, und damit nicht abzustreiten. Ich hake dann nach und frage nach dem Grund für mangelnde Vorbereitung oder scheinbarem Desinteresse. Ich frage solange nach, bis allen klar ist, welche Gründe und Prioritäten die Vorbereitung verhindert und die Aufmerksamkeit abgelenkt haben. Ich fordere alle Teilnehmer auf, diese Gründe und Prioritäten zu besprechen.

So verstehen sie, warum sie ihrer Aufgabe – der Weiterentwicklung des Unternehmens – durch bestimmte,

bisher akzeptierte, aber falsche Verhaltensweisen und Prioritäten nicht gerecht werden. Ich lege Wert darauf, die Diskussion nicht aggressiv gegen Personen zu führen – wir Business Punks lieben Menschen – sondern immer auf beobachtbare Verhaltensweisen aufzubauen und solange immer wieder «warum» zu fragen bis ein Konsens in der Wahrnehmung hergestellt ist», erläutert Rollier.

«Bei mangelnder Zeit für die Meeting-Vorbereitung schaffen wir «Zeit-Inseln». Wir geben den Teilnehmern im Meeting zunächst Zeit, alle Unterlagen durchzulesen – und um diese Zeit wird das Meeting dann verlängert», erklärt Rollier.

«Viele kennen den Ausdruck: «Perception creats reality». Nur welche Realität ist gemeint? Hier setze ich im Meeting mit den Führungskräften an. In der Führungsrunde soll jeder einzelne seine Realität beschreiben und argumentieren, warum sie aus der Sicht seiner Rolle so aussieht. Da die meisten Teilnehmer selbst unterschiedliche Rollen haben, vom Manager, Verwaltungsrat bis zum Anteileigner, merken sie selbst, dass sich ihre Sicht auf den gleichen Sachverhalt unterschiedlich sein kann.», sagt Rollier.

«Wie der Komplexität begegnen»

«Ich erzähle kein Geheimnis, wenn ich sage, dass viele Führungskräfte «auf Sicht fliegen». Die Kräfte, die von aussen auf die Entscheidungsmöglichkeiten einwirken, sind vielfach nicht kalkulierbar oder unterliegen einer grossen Dynamik. Vorausschaubarkeit in 5-Jahres-Zyklen gibt es nicht mehr. Das beste Beispiel ist die jetzige Pandemie, in der selbst 5-Monats-Prognosen schwierig sind.

Organisationen sind komplexe Systeme geworden. Wer glaubt, durch Vereinfachung die Welt und Organisationen verständlicher machen zu können, den muss ich leider enttäuschen. Methoden, die komplexe Zusammenhänge vermeintlich vereinfachen und somit eine angeblich schnelle, fundierte und leicht verständliche Entscheidungsgrundlage bieten, gibt es meiner Ansischt nach nicht. Die Frage lautet zum Beispiel nicht, WIE baue ich ein Innovationsmanagement auf, sondern WER kann es bei uns in der Organisation am besten,» erläutert Rollier.

Ich dränge darauf die richtige Person im Unternehmen zu suchen, die genau die Fähigkeiten hat, die Lösung eines anstehenden Problems zu erarbeiten und umzusetzen. Die Fragestellung lautet also: Wer kann das beste Bewerbungsgespräch führen, damit die richtige Person für die offene Stelle gefunden wird. Darauf kann man z.B. kommen, indem man herausfindet, wer die besten Leute im Unternehmen eingestellt hat», erklärt Rollier.

«Die Gretchenfrage»

«Nachdem die Führungskräfte ihrem sichtbaren Verhalten auf den Grund gegangen sind, ihnen klar ist, dass es keine Methodik oder Checkliste gibt, die sie vom Selbstdenken zur Transformation des Unternehmens befreit, stelle ich die Gretchenfrage: Warum gibt es diese Firma? Die Frage erstaunt viele und bei prägnanten Antworten tun sich die meisten schwer», sagt Rollier.

«Danach stelle ich folgende Fragen: Wem gehört das Unternehmen? Den Investoren, dem Verwaltungsrat, der operativen Mannschaft, den Mitarbeiter…? Manche Teilnehmer gehören mehreren dieser Gruppen an. Dadurch wird ihnen klar, dass sogar sie selbst unterschiedliche Interessen haben können», ergänzt Rollier.

«Spätestens jetzt bitte ich sie, die Firmenstrategie in einem Satz zu beschreiben. Das fällt vielen schwer. Natürlich hat das Unternehmen einen Sinn, ein Ziel und eine Strategie, aber die sind aus den unterschiedlichen Perspektiven verschieden und oft im Alltag verschüttet worden.

Wir arbeiten daran, trotz der unterschiedlichen Perspektiven gemeinsame Unternehmensziele zu erarbeiten: wo wollen wir gemeinsam hin?

Eine Frage, die meistens wieder Überraschung und Verlegenheit hervorruft, lautet dann: «Hatten wir heute einen guten Tag?» Die Antworten können nur kohärent und widerspruchsfrei sein, wenn die gesamte Gruppe die gleichen Performance-Indikatoren (KPI) betrachtet,» erläutert Rollier.

Wenn die Business Punks im Unternehmen sind, hatte es meistens keinen durchweg guten Tag: Die KPI sind nicht im grünen Bereich, die Führungsmannschaft muss Änderungen festlegen und anstreben.

«Ich bitte dann das Management, gemeinsam mit mir zu beweisen, dass eine Veränderung in die richtige Richtung möglich ist. Wenn wir uns dessen sicher sind und das Engagement für die nötigen Veränderungen vorhanden ist, ist der Rubikon überschritten und wir entdecken gemeinsam was in dem Unternehmen, seinen Führungskräften und Mitarbeitern steckt», ergänzt Rollier.

«Hausaufgaben»

«Nach all dieser Vorarbeit und nachdem alle auf das neue Ziel eingeschworen sind, geht’s an die Hausaufgaben. Überraschend für alle definieren wir jetzt nicht grundlegende Umwälzungen und lange Aktionspläne. Vielmehr soll jeder überlegen, welches die kleinste mögliche für die Organisation sichtbare Veränderung im eigenen Verhalten ist, die er sich auf dem Weg zum neuen Normal vornimmt,» erklärt Rollier.

«Zum Beispiel können sich die Teilnehmer vornehmen, pünktlich zu Meetings zu kommen anstatt fünf oder zehn Minuten zu spät. Die Wirkungskette einer Verspätung kann weit reichen: Die Produktion liefert zu spät aus, der Kunde bekommt später eine Lösung als erwartet . Die Rechnung wird zu spät gesendet, das Umlaufvermögen steigt , etc. – alles nur weil man «Unpünktlichkeit bei Meetings» toleriert», erklärt Rollier.

«In einem vorgegebenen, straffen Rhythmus sind wir mit den Führungskräften anschliessend regelmässig im Austausch nach Ihren Fortschritten, Barrieren die sie aktuell hindern und Lösungen wie man sie überwindet. Erfahrungsgemäss fängt die Organisation bereits nach kurzer Zeit an sich in eine neue Richtung zu bewegen», endet Rollier.

Lessons learned

    • Menschen bewirken Veränderungen, nicht Methoden
    • Methoden dienen der Reflektion über das eigene Vorgehen, sie sind kein Patentrezept
    • Zuviel Einigkeit ist schädlich für Veränderungen – es ist ein Zeichen, dass wir nicht an den richtigen Fragen arbeiten.
    • Brutale Ehrlichkeit muss nicht aggressiv sein – nein, sie ist erlösend und lässt uns fokussieren
    • Der Kern des Unternehmens muss sinnstiftend sein, der Sinn von allen verstanden und mitgetragen werden

Bemerkungen der Autoren

Die Technik der Business Punks, eingeschliffene Verhaltensweisen bewusst zu machen, beruht auf Beobachtungen und Fragen, oft auf alltäglich klingenden Fragen, auf die jeder eine Antwort geben können müsste. Das eigene Zögern macht den Befragten – manchmal schmerzlich – bewusst, wie lange sie sich und ihre Arbeitsweise schon nicht mehr hinterfragt haben.

Die Fragen der Punks bohren dabei immer tiefer, bis ein gemeinsames Verständnis von Problemen, Zielen, Beiträgen jedes Einzelnen und Prozessen entsteht.

Nach diesen oft schmerzhaften Erfahrungen ist es für die Führungsmannschaft des Unternehmens geradezu eine Erleichterung, wenn «nur» kleine und realistische Veränderungen im Verhalten jedes Einzelnen verlangt werden. Die erfordern dann meistens mehr Energie als gedacht, sind aber realistisch erreichbar und führen zum Erfolg.

Um den Prozess zu beschleunigen und den Teilnehmern Anregungen für das eigene Denken und Hadeln zu geben, verteilt Rollier das Buch

«Scaling Up» von Verne Harnish. Harnish behauptet, dass Unternehmen sich auf vier Hauptentscheidungsbereiche fokussieren müssen damit sie erfolgreich sind: People, Strategy, Execution, and Cash. (Mitarbeiter, Strategie, Ausführung und verfügbare liquide Mittel)

Wir haben uns an die Systemtheorie erinnert, als wir das Interview geschrieben haben. Sie erfasst systematisch Denk- und Handlungsweisen in einem Unternehmen. Im Coaching liegt der Fokus auf dem bewussten Ausbau und Einsatz von Stärken und der Erkenntnis von Fähigkeiten.

Wir danken Alain Rollier für das spannende und intensive Interview, dass uns wieder eine neue Perspektive auf unser Thema Kommunikation in Transformationsprozessen als Katalysator für Unternehmenserfolg gezeigt hat.

business punks sind leidenschaftliche Unternehmer, spezialisiert auf das Wachstum von Unternehmen. Sie kennen die Herausforderungen, die darin stecken aus eigener, jahrelanger Erfahrung und Praxis.

Ihre Kunden und Partner schätzen die Kompetenz, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, die Menschen auf das Business und die Zielerreichung zu fokussieren und das Wissen der Einzelnen dafür zu gewinnen, was das Unternehmen vorwärts bringt.

moonen communications

Das Interview führten Hans-Josef Jeanrond und Ursula Moonen.

Sie interessieren sich für unseren nächsten Interviewpartner? Nehmen Sie Kontakt mit uns auf, senden Sie uns eine E-Mail. Wir freuen uns!

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